Kindesmissbrauch: Pudel als Lockmittel

Kindesmissbrauch: Pudel als Lockmittel

(Wochenkurier vom 03.11.2018)

Foto vom Artikel im WochenkurierEine Frau, die als Kind Opfer sexueller Missbrauchshandlungen wurde, hatte den Mut, sich mit ihren traumatischen Erlebnissen an die Öffentlichkeit zu wenden.

Dieser Artikel im Wochenkurier hat uns sehr berührt und wir hoffen, dass sich noch andere Betroffene melden.

Denn der Weg der Heilung ist das sich Öffnen und darüber sprechen. Es tut gut, wenn man sich mit Betroffenen austauschen kann, damit man nicht allein steht.

Außerdem ist der sexuelle Kindesmissbrauch leider ein Suchtphänomen und ein Täter vergreift sich in der Regel nicht nur an einem Kind, sondern an vielen!

Der Raphael e.V. unterstützt mit diesem Beitrag das Anliegen dieser Frau, evtl. auf diesem Wege jemanden zu finden, der oder die ähnliche Erfahrungen mit dem älteren Mann aus der Haldener Straße gemacht haben.

Wer Kontakt aufnehmen möchte, melde sich bitte per E-Mail beim Wochenkurier (siehe Ende des Artikels).

Zitat aus dem Wochenkurier vom 03.11.2018

Kindesmissbrauch: Pudel als Lockmittel

Hagen. (ce) “Es ist etwas ganz Tolles. Etwas, was sonst nur die Erwachsenen tun. Deshalb muss es auch unser Geheimnis bleiben”, hatte er so oft gesagt. Die Hagenerin Kathrin W. (Vorname von der Redaktion geändert) ist heute über 50 Jahre alt. Aber was der ältere Mann aus der Nachbarschaft Mitte der 70er Jahre immer wieder und wieder heimlich und schmerzhaft mit ihr machte, als sie noch ein Grundschulkind war, lastet schwer auf ihr.

Seit Jahren befindet sie sich in Therapie. Sie hat es inzwischen geschafft, sich aus Drogen- und Alkohlsucht und häuslicher Gewalt zu befreien und zu sich selbst zu finden.

Vieles wäre vielleicht anders gelaufen, wenn der Mann mit dem niedlichen Hund nie auf sie aufmerksam geworden wäre.

Aufarbeitung statt Abrechnung

“Der Mann war damals schon älter. Er wird heute längst nicht mehr leben”, vermutet sie. “Aber möglicherweise gab es außer mir noch andere Opfder. Mit ihnen würde ich gern in Kontakt treten. Es geht mir um Aufklärung und um Heilung, nicht um Rache. Und ich möchte gern meinen Teil dazu beitragen, solche Verbrechen an Kindern in Zukunft zu verhindern.”

Kathrin besuchte die Grundschule im “Lützow-Viertel”. Zu Hause ging es lieblos zu, der Haussegen hing oft schief. Auf dem Schulhof und auf der Straße wurde das damalige “Dickerchen” gehänselt und geschubst. Die Eltern waren beide berufstätig, darum aß das Mädchen mittags bei den Großeltern in der Haldener Straße 55. Nach den Hausaufgaben ging es raus auf die Straße. Nur ein paar Häuser weiter wohnte damals der nette, ältere Mann mit dem Pudel. “Wenn du mal alleine mit dem Hund ausgehen willst, kannst du ihn dir holen”, hatte er gesagt und ihr das Haus und die richtige Klingel gezeigt.

Einfach nur “DU”

Nach einigem Gassi-Gehen bat der Senior die kleine Kathrin in die Wohnung, wenn seine Frau nicht zuhause war. Es gab Kakao, Bonbons, ein offense Ohr, Geld, Geschenke, Aufmerksamkeit, Gespräche, Wärme und Zuneiung. Bald folgte regelmäßiger Missbrauch – geschickt verpackt als “Liebe nach Art der Erwachsenen”. Seinen Namen erinnert Kathrin W. nicht oder kannte ihn nie. Er blieb für sie immer nur einfach “Du”. “Einige Male fuhren wir im Auto zur Ruhr nach Garenfeld, wo er auf einem Campingplatz einen Wohnwagen hatte. Auch dort hat er mich missbraucht”, erinnert sich Kathrin. “Ein Ende fand das alles erst, als wir umgezogen sind. Da muss ich elf Jahre alt gewesen sein.”

Bis heute leidet Kathrin W. massiv unter den Folgen des Missbrauchs und auch unter den eigenen Schuldgefühlen: “Schließlich bin ich ja immer wieder freiwillig hingegangen. Ich hatte eben gelernt, dass offenbar Sex Liebe ist. Und Liebe brauchte ich.”

Heute braucht Kathrin W. Heilung. Dabei würde Aufklärung helfen, endgültige Gewissheit, Hinweise von Zeugen und ganz besonders ein Gespräch mit möglichen Leidensgenossen, die vielleicht ebenfalls noch im Stillen mit einem Trauma hadern.

Wer dazu etwas beitragen möchte, kann seine Kontaktdaten einschicken per E-Mail an ceckhoff at wochenkurier.de
Die Daten werden an Kathrin W. weitergeleitet, damit sie direkt Kontakt aufnehmen kann.

Seitens des Raphael e.V. noch folgender Hinweis:

Eigentlich stünde Opfern nach dem Opferentschädigungsgesetz eine zusätzliche Rente zu, die aber allzu oft abgelehnt wird mit dem Argument, es gäbe zu wenig Beweismittel. Bedauerlicherweise ist es üblich geworden, dass derartige Anträge – wenn die Taten weiter zurück liegen und seinerzeit keine Anzeige erstattet wurde – durch fadenscheinige Begründungen abgelehnt werden. Die Glaubwürdigkeit der Opfer wird angezweifelt, und das ist für die Betroffenen wie ein zweiter Schlag ins Gesicht.

Informationen zu einem solchen Verfahren, zu Fragen von Glaubwürdigkeit u.ä. gibt es hier.